Montag, 7. April 2014

Das charakteristische Streben nach Beliebtheit

Ich hatte vor einiger Zeit ein sehr interessantes Gespräch. Wir redeten über Gott und die Welt und dann noch ganz speziell über zwischenmenschliche Beziehungen. Schlagwörter dazu wären Sympathie, Eigenwillen, Rücksicht. Man kann sich nicht verhalten, wie es einem gefällt, denn Sprunghaftigkeit, Unbeständigkeit, Egoismus machen einen schnell unbeliebt. Man läuft Gefahr, von anderen nicht mehr gemocht zu werden, sind wir aber auf unsere Mitmenschen angewiesen. Und dann wurde die Frage der Fragen gestellt:

Aber muss dich denn jeder mögen?

Jeder. Uneingeschränkt. Ohne ausklammern, ohne einbeziehen, ohne Ausnahme. Denn ist das nicht, was wir wollen? Akzeptiert werden, Sympathiepunkte einheimsen, Bestätigung unserer Person erleben.

Aber muss dich denn jeder mögen?

Das hört sich nach Arbeit an. Gemocht werden ist schön – aber von jedem? Wir stoßen an Grenzen. Unmöglich sagt unser Verstand. Wunschdenken. Und doch versuchen wir es – bewusst oder unbewusst. Wir wollen Recht behalten, uns eine reine Weste sichern, ehrliche Zuneigung erhalten und uns selbstgerecht auf die Schulter klopfen können.
Ich habe es geschafft. Ich bin beliebt., lautet der Leitsatz. Jeder ist der Wert, an dem wir uns orientieren können – könnten, an dem wir unser Ziel festmachen.
Die Psychologie behauptet, dass Selbstmotivation entscheidend ist, um zu wirken, zu lernen, zu erreichen. Dabei sind wahrscheinliche, absehbare Teilziele geeignet. Jeder soll mich mögen, ist offenbar ungeeignet.
Also lasst uns das Thema auseinandernehmen, Pro und Contra notieren. Scheint sich bewährt zu haben.
Contra
Unrealistisch.
Undefinierbar.
Anpassung; sprich: Untergang der tatsächlichen Persönlichkeit (plädiert jedoch jeder zweite Kalenderspruch an die Wichtigkeit der natürlichen Eigenart)
Pro
Man tut's ja doch, jedem gefallen wollen.
Die Ethik scheitert häufig an ihrer durchdachten Philosophie, weil es scheinbar Triebe, Veranlagungen, Natürlichkeiten, Instinkte gibt, die rationales Handeln unmöglich machen.
Rudolf Burger beschreibt in „Die Vergeblichkeit der Moral“ eine Fabel. Frosch und Skorpion befinden sich an einem Flussufer. Der Frosch möchte an das andere Ufer, vertraut dem Skorpion jedoch nicht aus Angst, gestochen zu werden. Der Skorpion erklärt ihm, dass ein Stich für seine eigene Person nur von Nachteil wäre, gegen jegliche Logik verstöße. Skorpion und Frosch machen sich also auf den Weg. In der Mitte des Sees sticht der Skorpion den Frosch und beide sterben. „(...) (S)chon versinkend, wendet (der Frosch) den Kopf und fragt: „Logik, wo bleibt denn da die Logik?“ „Logik“, entgegnet darauf der Skorpion, spuckt das Wasser aus und schließt: „Logik!, das ist nun einmal mein Charakter!““
Beruhigt können wir weiter das Unmögliche angehen, versuchen, jedem zu gefallen.
Sind wir doch machtlos, gefesselt mit Charakter und Natur. Die Frage bleibt jedoch:

Aber muss mich denn jeder mögen?




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